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Wie lautete nochmals die Frage?

In seinem Buch „Per Anhalter durch die Galaxis“ schildert der Autor Douglas Adams, wie eine Delegation einer hochentwickelten Zivilisation vor einen gigantischen Computer tritt. Vor über 10 Millionen Jahren wurde diesem Computer der Auftrag erteilt, die Antwort auf die letzte Frage des Lebens, des Universums und von allem zu bestimmen. Die mittlerweile berühmte Antwort des Computers befriedigte die Delegation jedoch nicht: „42“.

Es stellte sich anschliessend heraus, dass in diesem langen Zeitraum, die der Computer mit dem bezeichnenden Namen „Deep Thought“ über die Antwort gebrütet hatte, in der Zivilisation die ursprüngliche Fragestellung vergessen wurde. Und ohne diese Fragestellung konnte die Antwort „42“ nicht verstanden werden.

Wir überlegen uns in unserer Gesellschaft gerade zahlreiche Antworten. Sehr oft werden dabei technologische Ansätze als Zauberstab präsentiert: früher die Kernenergie oder die Biotechnologie, heute die digitalen Lösungen, basierend auf Cloud, Blockchain oder der Künstlichen Intelligenz, morgen vielleicht die Quantentechnologie. Hinterfragt man aber diese Lösungsansätze, indem man sich nach der zugrundeliegenden Fragestellung erkundigt, die damit beantwortet werden soll, dann entsteht oftmals ein frustrierendes Bild. Da drängen sich unausweichlich Parallelen zum eingangs geschilderten Szenario aus Douglas Adams Buch „Per Anhalter durch die Galaxis“ und zur Antwort „42“ auf: Man kennt die tieferliegende Frage gar nicht.

Haben wir vielleicht vergessen, wie unserer ursprüngliche Fragestellung gelautet hat? Sind wir einfach losgerannt und sind dann immer weiter und weiter gelaufen, ohne überhaupt Ausgangspunkt und Ziel, Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit zu kennen? Sind uns die Fragestellungen, auf die wir gerade so fleissig Antworten produzieren wollen, überhaupt bewußt? Und sind diese Fragestellungen überhaupt notwendig und sinnvoll, sind sie so grundlegend, dass sie es überhaupt wert sind, sich damit zu beschäftigen? Oder haben wir sie eigentlich nie ausformuliert gestellt?

Eine gut gestellte Frage beinhalte die halbe Antwort, schrieb John Dewey schon vor 100 Jahren in seinem Buch „Wie wir denken“. In diesem Sinne müssen wir uns immer wieder die Zeit nehmen, uns die Fragestellungen genau anzuschauen, ob diese grundlegend genug sind, ob sie es wert sind, sich damit zu beschäftigen, und ob diese Fragen gut gestellt wurden. Und wenn wir meinen, eine geeignete Fragestellung gefunden zu haben, sollten wir schauen, ob sich dahinter nicht eine viel tiefergehende strukturelle Fragestellung verbirgt.

Sicherlich werden uns nach einer solchen Analyse zahlreiche zeitgenössische populäre Antworten und Antwortversuche auffallen, deren zugehörige Fragestellung uns unbekannt ist oder die es einfach nicht wert ist, sich wirklich damit auseinander zu setzen. Das schafft dann aber Bewusstsein, Mittel und Raum für die wesentlichen und wichtigen Fragen unserer Zeit.

Machen wir uns also die Mühe, zunächst die wesentlichen, tieferliegenden Fragestellungen zu identifizieren, mit denen wir uns auseinandersetzten sollten, und formulieren diese gut aus. Dann ist die halbe Arbeit schon getan.

AUTOR

Stefan Hupe

VERÖFFENTLICHUNGSDATUM

2020-08-11

CREDIT

Photo „Strand 42“ by Stefan Hupe